|
Die Engländer
lieben das Extreme, Herausragende. Oft liest man in Ankündigungen
"das weltweit einzige Meerwasseraquarium, das einen weißen Hai
zeigt" oder "der einzige König, der alle seine Frauen
hinrichten ließ". Beispiele ließen sich viele finden, und ich möchte
behaupten, dass England das Land mit den meisten dieser Gigantismen ist.
Dicht gefolgt von der Schweiz.
Dementsprechend
wird die Familie der drei Schriftstellerinnen Anne, Emily und Charlotte Brontë
wie folgt bekannt gemacht: Die einzige Schriftstellerfamilie der
Welt, die drei bereits zu Lebzeiten berühmte Autorinnen hervorbrachte.
Während viele
englische Werbemaßnahmen uns übertrieben und absurd erscheinen, können
wir bei den Schwestern Brontë sagen, dass diese Ankündigung das Außergewöhnliche
der Situation nicht sofort deutlich werden lässt.
Von der achtköpfigen
Brontë-Familie, Mutter, Vater und sechs Kinder, schrieben nachweislich
sechs Personen, nämlich die Mutter, der Vater, der einzige Sohn der
Familie namens Branwell und die drei Mädchen Anne, Charlotte und Emily,
und von vier der Schreibenden erschienen Bücher: vom Vater, dem Pfarrer
Patrick Brontë und den drei Töchtern. So veröffentlicht der Vater z.B.
zwischen 1811 und 1818 vier Bücher mit erbaulichen Gedichten, Predigten
und Briefen. Da die drei restlichen Familienmitglieder, die Mutter und
die zwei ältesten Töchter Maria und Elisabeth früh starben, die
Mutter mit 38 Jahren, die zwei Mädchen im Alter von 10 und 11 Jahren,
kann man sagen, dass von der zurückbleibenden Familie alle Personen
schriftstellerisch tätig waren.
Dazu kommt als
einzigartig: Nicht die beiden schreibenden Männer der Familie Brontë,
Vater Patrick und Sohn Branwell, erlangten Weltruhm, sondern die drei Mädchen.
Die Tatsache wäre
zu unserer Zeit noch fantastisch genug, doch Mitte des 19. Jahrhunderts
ist sie geradezu revolutionär.
|