Noch
bevor ein gemeinsamer Gedichtband der drei Schwestern Brontë erscheint
(der allerdings ein gehöriger Misserfolg wird), haben sie begonnen,
Romane zu verfassen. Jede von ihnen schreibt im Winter 1846 einen Roman:
Charlotte "Der Professor", Emily die berühmte "Sturmhöhe"
und Anne "Agnes Grey". Auch diese Bücher bietet Charlotte dem
Verlag des Gedichtbandes "Aylott und Jones" in London an,
allerdings mochte sie keine finanzielle Beteiligung wie beim Gedichtband
eingehen, was der Verlag ablehnt.
Charlotte,
die treibende Kraft in der Angelegenheit, schickt daraufhin die
Manuskripte, sorgsam in Packpapier verpackt, an Verlage. Über ein Jahr
kreuzt das Paket durch sechs verschiedene Verlagshäuser. Wird es mit
ablehnenden Zeilen zurückgeschickt, streicht die sparsame Charlotte die
vorherige Adresse aus und schreibt den neuen Verlag, auf den sie ihre
Hoffnung setzt, daneben. So ist für den nächsten Verleger der
Misserfolg der Manuskripte sofort ersichtlich und manch einer macht sich
daraufhin vielleicht noch nicht einmal die Mühe einen Blick
hineinzuwerfen.
Doch
endlich, Mitte des Jahres 1847, zeichnet sich ein Teilerfolg ab: Der
Londoner Verleger Thomas Cautley Newby findet sich bereit, Emilys
"Sturmhöhe" und Annes "Agnes Grey" in einem Band zu
veröffentlichen. Alle drei Bücher hatten nicht den vorgeschriebenen
Umfang, möglicherweise war dies auch mit ein Grund für die Ablehnungen
und sicher für das Angebot "zwei in einem Band". Aber auch
hier verlangt der Verlag einen Zuschuss von 50 Pfund. Er soll nach den
ersten verkauften 250 Exemplaren zurückerstattet werden, ein
Versprechen, das der Verleger nie wahr macht. Auf diese Regelung lassen
sich die Schwestern ein.
Charlottes
Buch, "Der Professor", muss nun, nachdem die anderen beiden
Werke untergekommen sind, allein auf Verlagsrundreise gehen. "Der
Professor" ist von den vier von Charlotte verfassten Büchern mit
Abstand das Schwächste. Charlotte ist sich darüber bewusst, dass
"Der Professor" gegen die Bücher ihrer beiden Schwestern abfällt,
hofft aber - nach ihren Aussagen "wie eine in ihr blödsinniges
Kind verliebte Mutter" - dass das Buch trotzdem irgendwo angenommen
wird.
Und
beim nächsten Verleger, Smith & Elder, London, erzielt sie mit
"Der Professor" einen Teilerfolg: Sie erhält nicht die übliche
zweizeilige Ablehnung, sondern den ausführlichen Brief des Lektors
William Smith Williams, der detailliert und klug die Mängel des
Manuskripts darlegt. Zudem bekommt Charlotte das Versprechen, ein
anderes, erfolgversprechenderes Werk des Autors Currer Bell werde von
Smith & Elder mit dem größten Wohlwollen geprüft werden.
Von
diesem Zeitpunkt an kommt das Leben als berühmte Autorinnen für die
drei Schwestern in Gang.
Charlotte
schickt im August 1847 ihr neues Buchmanuskript "Jane Eyre" an
Smith & Elder. Es wird sofort angenommen. Vier Wochen später erhält
Charlotte bereits die Korrekturfahnen, und weitere sechs Wochen später
im Oktober erscheint die erste Auflage von "Jane Eyre" unter
dem Namen Currer Bell. Das abgelehnte Buch "Der Professor"
soll erst zwei Jahre nach Charlottes Tod in 1857 veröffentlicht werden.
Im
Dezember des gleichen Jahres erscheinen "Sturmhöhe" und
"Agnes Grey" in einem Band bei Thomas Cautley Newby unter den
Autorennamen Ellis und Acton Bell. Zunächst hatte Newby die beiden Bücher
auf Eis gelegt. Nun, als er mitbekommt wie erfolgreich Currer Bells
"Jane Eyre" ist, verspricht er sich mit den vermeintlichen Brüdern
Acton und Ellis auch ein profitables Geschäft.
Allerdings
ahnen wir schon, dass Newby ein weniger korrekter Verleger ist als Smith
& Elder. Er druckt nur 350 Exemplare und berücksichtigt dabei nicht
die Korrekturen, die Anne und Emily auf seine Anforderung hin in
stundenlanger Arbeit an den Rand der Korrekturfahnen geschrieben hatten.
Zumindest
"Jane Eyre" wird ein Verkaufsschlager. Schon im Januar 1848
erscheint die zweite Auflage, im April die dritte.
Und
im Juni wird Annes zweiter Roman "Die Hüterin von Wildfell
Hall" wiederum bei Newby veröffentlicht. Newby speist Anne mit 50
Pfund Honorar ab, obwohl "Die Hüterin von Wildfell Hall"
genau wie Charlottes "Jane Eyre" sofort ein Skandalerfolg
wird. Zu ihrer Zeit sind diese zwei Bücher die bestverkauften der Brontës. Nur vier Wochen nach Erscheinen muss Newby schon die zweite
Auflage der "Hüterin ..." drucken.
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