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Liest
man die Beschreibungen von Charlottes Äußerem und Auftreten, traut man
ihr starke, leidenschaftliche Gefühle nicht zu.
Wie
menschenscheu Charlotte ist, belegt eine Episode, die ihre Freundin und
Biografin Mrs. Gaskell, über Charlotte im Alter von 37 Jahren
wiedergibt: Als Charlotte sie besucht, lädt Mrs. Gaskell auch noch
andere Gäste zu einem Abendessen ein, u.a. zwei Schwestern, die
Charlotte mit ihren Musikvorträgen begeistern. Die beiden Schwestern
laden Charlotte daraufhin für den kommenden Vormittag in ihr Haus ein.
Mrs. Gaskell und Charlotte machen sich tags darauf auf den Weg, als
Charlotte plötzlich eine Panikattacke bekommt: Sie schafft es nur bis
vor die Eingangstür des fremden Hauses, und alles gute Zureden und Mut
zusprechen ihrer Freundin können sie nicht bewegen, die Schwelle zu überschreiten.
Mrs. Gaskell muss allein zu den Schwestern gehen und eine
entschuldigende Ausrede erfinden.
Elisabeth Gaskell
Charlotte
ist aber die Einzige der drei Schwestern, von der bekannt wurde, dass
sie - mindestens drei - Heiratsanträge erhielt, die sie zunächst alle
ablehnt. Warum?
Der
erste Heiratsantrag kommt vom Bruder ihrer Freundin Ellen Nussey. Was
Charlotte nicht weiß: Henry, ein junger Pfarrer, möchte sich aus rein
pragmatischen Gründen verheiraten und hat eine kleine Liste der in
Frage kommenden Frauen erstellt. Charlotte ist keineswegs seine Nummer
Eins, sie steht allerhöchstens an zweiter Stelle. Charlotte zieht
seinen Antrag in Erwägung, entscheidet sich aber recht rasch dagegen:
In ihrem Absagebrief stellt sie dar, dass nicht er der Unpassende für
sie sei, sondern dass ihr wildes und schwärmerisches Temperament nicht
zu der schlichten und braven Pfarrersfrau taugte, die Henry brauche.
Ellen schreibt sie, sie glaube nicht, dass ihre kleine freundliche
Neigung für Henry ausreiche, um eine Ehe zu begründen. Henry ist ein
sachlicher Typ und keineswegs todunglücklich über die Absage. Er hakt
ganz einfach seine Liste ab, und bei der nächsten, die er fragt, hat er
Erfolg.
Über
Henry Nussey ist bekannt, dass er ein misanthropischer Langweiler war,
und man kann Charlotte nur zu ihrem Instinkt beglückwünschen.
Charlotte
nimmt nun an, dass dies die einzige Heiratschance ihres Lebens bleiben
soll, doch der nächste Antrag folgt schon bald: Ein junger irischer
Hilfspfarrer, der das Haus des Pastor Brontë besucht und dabei Charlotte
kennen lernt. Charlotte findet ihn recht witzig und klug, unterhält
sich einen Nachmittag mit ihm, doch als er einige Tage später brieflich
um ihre Hand anhält, lehnt sie spontan ab. Ihrer Freundin schreibt sie,
der Bewerber würde nicht die Gediegenheit und Würde eines Engländers
aufweisen und weiter: "Das ist ein Abenteuer (eine so überstürzte
Ehe), das man mir kaum zutraut ... Ich bin gewiss dazu verdammt, eine
alte Jungfer zu sein. Das ist mir gleich."
Ehekandidat
Nummer Zwei soll ein halbes Jahr später ganz plötzlich sterben.
Bis
zu Charlottes drittem Heiratsantrag werden nun 13 Jahre vergehen. Bei
den ersten Anträgen ist Charlotte 23 Jahre alt und heiraten wird sie
erst im Alter von 38 Jahren.
In
der Zeit, die zwischen den Heiratsanträgen liegt, ist Charlotte zweimal
verliebt.
Die
eine Leidenschaft ist ihr Brüsseler Lehrer Monsieur Heger, ihre zweite
Liebe ihr Verleger George M. Smith. Doch Mr. Smith ist 8 Jahre jünger
als Charlotte. Als Charlotte merkt, dass Smith ebenfalls eine Zuneigung
für sie entwickelt, zieht sie sich zurück. Sie will sich nicht in eine
weitere zum Scheitern verurteilte Liebesgeschichte hineinsteigern.
Schade, denn ihr Verleger und sie hätten im Prinzip sehr gut zueinander
gepasst.
Charlottes
späteren Ehemann könnte man als das krasseste Gegenstück zu ihren
beiden Liebesgeschichten bezeichnen. Er ist auch alles andere, was man
sich nach Charlottes Ansichten, die sie über Liebe und Ehe äußert,
als ihren Traumpartner vorstellen kann.
Charlotte
lernt den Hilfspfarrer ihres Vaters, Arthur Bell Nicholls, im Jahr 1845
kennen. Erst 7 Jahre später in 1852 soll Nicholls ihr einen Antrag
machen, und dann sollen nochmals 2 Jahre vergehen, bis die beiden ein
Paar werden.

Arthur
Bell Nicholls
Als
Charlotte Arthur kennen lernt, ist von ihrer Seite aus an Zuneigung
nicht zu denken. Ihrer Freundin Ellen, die zu Besuch dagewesen war und
sich über Mr. Nicholls positiv äußerte, schreibt sie: "Ich kann
beim besten Willen nicht jene interessanten Ansätze zu Gutherzigkeit an
ihm erkennen, die du entdeckt hast ... Seine Engstirnigkeit berührt
mich äußerst unangenehm. Seine verborgenen Schätze verdankt er, fürchte
ich, deiner Einbildung."
Die
hellsichtige Ellen hat aber scheint's gemerkt, dass Nicholls sich für
Charlotte interessiert und konfrontiert Charlotte mit einem Gerücht,
das sie in Verbindung mit dem Hilfspfarrer bringt. Dazu Charlotte:
"Ich muss ja wohl kaum erwähnen, dass kein Gerücht jemals unbegründeter
war. Eine kalte, ferne Art von Höflichkeit ist die einzige Umgangsform,
die ich je mit Mr. Nicholls pflegte."
Uninteressant,
engstirnig, unattraktiv, das sind die Attribute, mit denen sie noch 1846
Mr. Nicholls beschreibt.
Innerhalb
der nächsten 6 Jahre wächst in Mr. Nicholls eine starke Leidenschaft für
die Tochter seines Dienstherren heran, die nun selbst Charlotte nicht
mehr verborgen bleibt. Sie erwähnt gegenüber ihrer Freundin, dass
Nicholls ihr zunehmend "mit merkwürdig fiebriger
Selbstbeherrschung" begegnet.
Auch
Pfarrer Brontë macht sich seine Gedanken. Alle seine Kinder außer
Charlotte sind mittlerweile gestorben. Er selbst ist aufgrund seiner
Sehschwäche sehr auf die Hilfe seiner Tochter angewiesen. Patrick Brontë
spürt Verunsicherung, als er merkt, dass Nicholls sich für
seine Tochter interessiert, glaubt aber nicht wirklich, dass diese
Verbindung etwas werden könnte.
Nicholls
Heiratsantrag kurze Zeit später versetzt den beiden letzten Brontës
einen ziemlichen Schock.
Sehr
beeindruckend ist Charlottes Beschreibung der Situation:
"Montag
Abend war Mr. Nicholls zum Tee hier ... Nach dem Tee zog ich mich ins
Wohnzimmer zurück. Wie gewöhnlich saß Mr. Nicholls mit Papa bis acht
oder neun Uhr zusammen. Dann hörte ich ihn die Tür vom Salon schließen,
als ob er gehen wolle. Ich wartete auf das Schließen der Haustür. Er
blieb im Flur stehen, er klopfte. Wie ein Blitzstrahl fuhr mir durch den
Sinn, was nun kommen würde. Er trat ein, er stand vor mir. Seine Worte
wirst du erraten, sein Auftreten dir kaum vorstellen können. Ich werde
es nie vergessen. Von Kopf bis Fuß zitternd, mit totenblassem Gesicht,
seine Rede leise, heftig und doch stockend, ließ er mich zum ersten Mal
spüren, was es einen Mann kostet, seine Liebe zu gestehen, an deren
Erwiderung er zweifeln muss. Der Anblick eines sonst so statuenähnlichen
Mannes, der sich mir zitternd, aufgewühlt und überwältigt zeigte,
versetzte mir eine Art von sonderbarem Schock. Er sprach von Leiden, die
er monatelang ertragen hätte und nicht mehr aushalten könne, und er
flehte um ein Wort, das ihm ein wenig Hoffnung mache. Ich konnte nichts
anderes tun, als ihn zu ersuchen, mich für den Augenblick allein zu
lassen und ihm für morgen eine Antwort zu versprechen. Ich fragte ihn,
ob er mit Papa gesprochen hätte. Er sagte, er habe es nicht gewagt. Ich
glaube, halb zog, halb stieß ich ihn aus dem Zimmer.
Als
er fort war, ging ich zu Papa hinüber und erzählte ihm, was geschehen
war. Daraus ergaben sich Ärger und Aufregung, die in keinem Verhältnis
zu dem Vorgefallenen standen. Wenn ich Mr. Nicholls liebte, hätten mich
die Namen, mit denen er nun belegt wurde, über alle Grenzen meiner
Geduld getrieben. Aber auch so brachte seine Ungerechtigkeit mein Blut
zum Sieden. Doch Papa arbeitete sich in einen Zustand hinein, mit dem
nicht zu spaßen war. Seine Schläfenadern traten wie Peitschenschnüre
hervor, und seine Augen waren blutunterlaufen. Ich beeilte mich ihm zu
versprechen, dass Mr. Nicholls am nächsten Tag eine eindeutige Absage
erhalten werde."
Charlotte
lehnt, wie sie ihrem Vater versprochen hat, den Antrag ab. Doch kann man
vermuten, dass sie ab diesem Zeitpunkt anfängt, sich mit der Person
Arthur Nicholls gedanklich zu beschäftigen. Mr. Nicholls ist anders,
als sie bisher immer dachte.
In
mancher Hinsicht ähnelt Arthur charakterlich Charlotte oder auch ihren
Romanheldinnen und -helden: Ein Mann, der zunächst beherrscht wirkt,
zeigt plötzlich Leidenschaft. Und er verleugnet seine Gefühle nicht,
sondern steht dazu. Nach der Ablehnung seines Antrages kündigt er auf
der Stelle seine Arbeit bei Pfarrer Brontë und bewirbt sich um einen
Posten als Missionar in Australien. Solange er auf die Entscheidung in
seiner Bewerbung wartet, muss er noch im Dorf Haworth wohnen und trifft
oft genug mit Pfarrer Brontë und Charlotte zusammen.
Die
mitfühlende Charlotte, die weiß, wie es ist, in fruchtlosen
Leidenschaften gefangen zu sein, ist die einzige, die Mitleid für Mr.
Nicholls aufbringt.
In
Briefen an ihre Freundin schreibt sie, von ihrem Vater sei in dem Fall
"so viel Mitgefühl zu erwarten wie Saft aus Brennholz". Ihr
Vater bezeichne Nicholls als "unmännlichen Faselhans",
Nicholls schleiche hinter ihr her "wie ein geschundenes Aas".
Im Dezember hatte Nicholls ihr den Antrag gemacht, im Frühjahr hat es
immer noch keine Entscheidung in seiner Australien-Bewerbung gegeben,
und er lebt nach wie vor in Haworth und harrt geradezu aus.
Charlotte
reist während dieser Zeit viel. Sie ist ja mittlerweile eine bekannte
Autorin. Sie besucht ihren Verleger in London, ihre neue Freundin und spätere
Biografin Elizabeth Gaskell, eine andere Freundin im Lake District, die
Schriftstellerin Harriet Martineau, mit der sie sich allerdings schon
bald verstreiten soll, weil Harriet Charlottes Roman "Villette"
verreißt.
Harriet Martineau
Pfingsten
des Jahres 1853 hat Nicholls endlich eine neue Stelle gefunden,
allerdings nicht in Australien, sondern in einem kleinen Ort bei Leeds,
d.h. nicht so weit entfernt von Haworth.
Als
er an seinem letzten Abend ins Pfarrhaus kommt, um sich von Pfarrer Brontë
zu verabschieden, verdrückt Charlotte sich zunächst, damit sie
beide sich nicht begegnen. Doch dann, als er das Haus verlässt, folgt
sie ihm spontan nach draußen, "zitternd und elend" wie sie
ihrer Freundin mitteilt.
"Ich
fand ihn von Schmerz überwältigt an das Gartentor gelehnt,
schluchzend, wie Frauen niemals schluchzen", schreibt sie weiter.
"Natürlich ging ich sogleich zu ihm. Wir wechselten nur sehr
wenige Worte, und diese waren kaum verständlich. Viele Dinge, nach
denen ich ihn gern gefragt hätte, waren mir gänzlich aus dem Gedächtnis
entschwunden. Armer Kerl! Doch die Hoffnung und die Ermutigung, die er
suchte, konnte ich ihm nicht geben."
Aber
Arthur scheint allein durch die Tatsache, dass Charlotte ihm folgte,
ermutigt genug zu sein, weiterhin an der Beziehung dranzubleiben. Er
schreibt Charlotte aus seiner neuen Stelle. Sie antwortet ihm. Er kommt,
um einen alten Kollegen zu besuchen; Charlotte trifft sich und
unternimmt einen Spaziergang mit ihm, den sie ihrem Vater gegenüber
geheim hält. Nach und nach entwickelt sich ein Briefwechsel im
Verborgenen.
In
Biografien wird die Ehe von Charlotte und Arthur Bell Nicholls immer als
reine Zweck- und Vernunftehe dargestellt. Doch damit wird den beiden
letztlich Unrecht getan. Zumindest Arthur ist sich seiner starken Gefühle
für Charlotte bewusst. Und auch Charlotte spürt, dass Arthur ein Mann
ist, der vom Temperament sehr gut zu ihr passt und mit dem sie sich
recht gut verstehen könnte.
Sicherlich
spielen zunächst von Charlottes Seite aus Vernunftgründe eine Rolle:
Sie
ist eine "alte Jungfer" von 37 Jahren. Ihre weiteren
Lebensaussichten: Ihr Vater ist alt und pflegebedürftig. Was soll aus
Charlotte werden, wenn er stirbt? Sie müsste das Pfarrhaus verlassen,
sie wäre im eigenen Alter einsam, ihre Geschwister sind alle tot.
Charlotte leidet selbst unter verschiedenen körperlichen und
psychischen Beschwerden wie z.B. Migräne und Depressionsanfällen.

Charlotte
mit Ende 30
Irgendwann
zu Beginn des Jahres 1854 trifft sie die Entscheidung dass "sie
Arthur Bell Nicholls glücklich machen konnte, und dass seine Liebe zu
gut war, um von einer, die so einsam war wie sie, verworfen zu
werden."
Den
Kampf mit ihrem Vater, der bei der Eröffnung schon wieder auszurasten
droht, steht Charlotte mutig durch. Eine Woche ringen die beiden
miteinander, bis Pfarrer Brontë bereit ist, seinen zukünftigen
Schwiegersohn zu empfangen. Charlotte schreibt, ihr Vater sei jedoch
nach wie vor "sehr, sehr feindselig" und "bitter
ungerecht".
Er
kann sich auch nicht überwinden, seine Tochter - wie es üblich ist -
zum Traualtar zu führen und an den Schwiegersohn zu übergeben. Diese
Aufgabe muss die ehemalige Chefin und Vertraute Charlottes, Miss Wooler,
übernehmen. Patrick Brontë sitzt verbiestert zu Hause und erscheint
erst zum Festessen bei der Hochzeitsgesellschaft.
Und
mit welchen Gefühlen lässt Charlotte sich auf Arthur ein?
An
ihre Freundin Ellen schreibt sie: "Gewiss, ich muss ihn achten, und
ich kann ihm auch nicht versagen, mehr als bloße Achtung zu empfinden.
Kurzum, liebe Ellen, ich bin verlobt ... Ich bin noch immer ruhig und
ohne große Erwartungen. Was mir an Glück zu schmecken vergönnt sein
wird, ist von der nüchternsten Sorte. Ich erwarte zuversichtlich,
meinen Mann lieben zu können, und ich bin dankbar für seine zärtliche
Zuneigung. Ich schätze ihn als einen gütigen, gewissenhaften Mann mit
festen Grundsätzen. Und wenn ich darüber hinaus einem Bedauern
nachgeben wollte, dass ihm höhere Talente fehlen, sowie Gedanken und
Neigungen, die den meinen gleichen, so wäre ich höchst anmaßend und
undankbar."
Ihrer
ehemaligen Chefin in der Schule Roe Head, Miss Wooler, teilt sie ihre
Verlobung wie folgt mit:
"Das
Schicksal, das die Vorsehung mir in ihrer Güte und Weisheit zu bieten
scheint, gilt allgemein nicht als glänzend, aber ich glaube, ich sehe
darin einige Ansätze echten Glücks."

Ein
weiteres Bild von Arthur Bell Nicholls
Sowohl
Charlotte, als auch Arthur haben als Charakterzüge Nüchternheit,
Realitätssinn und Geschäftssinn.
Bevor
sie heiraten, schließen sie zunächst einen wasserdichten Ehevertrag
ab, weil Charlotte durch ihre Buchhonorare mittlerweile über ein hübsches
Vermögen verfügt.
Normalerweise
würde ihr gesamtes Vermögen, die hohe Summe von 1600 Pfund, bei der
Heirat in den Besitz ihres Ehemannes übergehen. Das möchte Charlotte
nicht, und Arthur ist zu stolz, um das Geld seiner Frau anzunehmen. Die
Summe wird auf einem Treuhand-Konto angelegt und von einem Bekannten
verwaltet. Das Gesetz sieht vor, dass das Vermögen bei Charlottes Tod
nun nicht an ihren Mann geht, sondern an ihren Vater fällt.
Das
schließt Charlotte, als sie merkt, dass sie tödlich krank ist, in
ihrem Testament wiederum aus. Sie verfügt, dass ihr Mann ihr Alleinerbe
sein wird.
Auch
sonst planen die beiden praktischen Naturen Charlotte und Arthur ihren
Ehestand gut: Das Haus wird renoviert, Mr. Nicholls erhält die Pfarrei
von Pfarrer Brontë, die beiden unternehmen eine Hochzeitsreise nach
Irland, die Heimat Arthurs, auf der sie sich offensichtlich bestens
verstehen und vertragen.
Charlottes
vorherige Zipperlein, Kopfschmerzen, Depressionen scheinen plötzlich
wie weggeblasen zu sein. Und auch Arthur Nicholls scheint die Ehe mit
Charlotte gut zu bekommen.
Von
der Hochzeitsreise zurück, fängt Charlotte an, sich ganz ihrer neuen
Rolle als Pfarrersehefrau zu widmen. Wenig Zeit bleibt ihr noch für
ihre schriftstellerische Tätigkeit, und der Roman "Villette",
der etwa ein Jahr vor ihrer Hochzeit erschienen ist, soll ihr letztes
vollendetes Werk sein. Es ist nicht direkt so, dass ihr Ehemann ihr das
Schreiben verbietet, aber er gibt ihr so viel zu tun, dass sie nicht
mehr dazu kommt. Allerdings, was er von ihr in einem tyrannischen Anfall
verlangt ist, dass sie ihrer Freundin Ellen schreibt, sie solle die
Tausende privater Briefe vernichten, die Charlotte ihr in 20 Jahren
schrieb. Die beiden Frauen korrespondierten streckenweise täglich
miteinander, und die Briefe stellen die wertvollste Forschungsquelle der
Brontë-Forscher dar. Ellen wird sogar genötigt, einen Vertrag zu
unterschreiben. Ellen unterschreibt und ... widersetzt sich heimlich:
sie hebt alle Briefe auf. Möglicherweise ist dies ihre Art, mit ihrer
Eifersucht auf Mr. Nicholls umzugehen. Sie hatte von Anfang an die
Verbindung von Charlotte mit Arthur missbilligt.
Etwa
ein halbes Jahr nach der Hochzeit stellt sich heraus, dass Charlotte
schwanger ist. Ab dem Zeitpunkt ist Charlotte bereits krank. Die Ehe der
beiden ist letztlich von sehr kurzer Dauer: Sie heiraten am 29. Juni
1854, und Charlotte soll bereits am 31. März 1855 wie ihre Geschwister
vor ihr an Tuberkulose sterben.
Briefliche
Zeugnisse von Charlotte deuten darauf hin, dass ihre Hoffnungen, ihren
Mann lieben zu können, sich erfüllt haben.
Ihr
Mann sitzt Tag und Nacht an ihrem Sterbebett und betet um ihr Leben. Es
ist überliefert, dass Charlotte in einem wachen Moment zwischen ihren
Delirien zu Arthur flüstert: "Oh, ich werde doch nicht sterben? Er
wird uns doch nicht trennen? Wir waren so glücklich zusammen."
Als
Charlotte gestorben ist, bleibt Arthur noch 6 Jahre - bis zu Patrick Brontës Tod - im Pfarrhaus in Haworth wohnen und leitet die Pfarrei. Wie
wir bereits wissen, können sich die beiden Männer gegenseitig nicht
ausstehen, und über die Situation des Waffenstillstands geht ihre
Beziehung nicht hinaus.
Nachdem
Patrick 84-jährig gestorben ist, kehrt Arthur in seine Heimat Irland
zurück, wo er später nochmals heiraten wird. Er überlebt Charlotte um
51 Jahre und stirbt 1906 im Alter von 90 Jahren in Irland.
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